MINI-Liebe
Mein erstes
Auto war ein schwarze MINI. Tiefer, breiter und mit allem Schnickschnack
ausgestattet. In den neunziger Jahren ein wahrer Hingucker und mein ganzer Stolz,
aber irgendwann habe ich mich dann von ihm getrennt.
Im Sommer
2004 flog ist zusammen mit Franzi (damals 8 Jahre alt) auf die Insel Kos. Eine
Woche, nur Franzi und ich. Mutter Kind Urlaub sozusagen. In dieser Woche konnte
ich Oliver merkwürdiger Weise nur schwer erreichen, aber ich habe mir
schließlich nichts dabei gedacht.
Als wir dann
wieder zu Hause waren, haben uns Sabine und Michael, unsere lieben Freunde und Nachbarn,
zum Begrüßungs-Frühstück eingeladen. Es war richtig schön. Irgendwann habe ich
dann Oliver gefragt: „Sag mal, warum konnte man dich eigentlich so schwer
erreichen am Telefon?“ Er gab mir zur Antwort, dass er viel zu tun hatte.
Michael grinste mich frech an und sagte zu mir:
„Er war mit
der kleinen Schwarzen beschäftigt!“.
Mir blieb der
Kaffee im Halse stecken.
Na warte,
dachte ich, wenn wir zu Hause sind, mein Lieber!
Irgendwann
klingelte Michaels Handy und er sagte uns, dass er kurz ins Café müsste. Michael
ist Bäcker und hat eine Bäckerei mit Café. Wir plauderten noch eine Weile und
Franzi und ich erzählten von unserem tollen Urlaub, aber dann mussten wir auch rübergehen,
denn die Koffer waren ja noch nicht einmal ausgepackt.
Als wir um
die Ecke gingen, sagte Oliver zu mir: „Schau mal, der Garten der Nachbarn ist
fertig.“ Ich schaute und betrachtete den Garten und als ich dann wieder zu
unserem Haus blickte, stand unsere Garage offen. Und ihr glaubt nicht, was in
der Garage stand?!
Mir blieb die
Sprache weg, sah Oliver an und fragte: „Was ist das bitteschön?“ Er gab mir zur
Antwort: „Das ist mein Geschenk für dich, zum 30. Geburtstag! Ich konnte es
nicht fassen, er schenkt mir einen MINI und dann noch einen schwarzen, wie mein
erstes Auto. Ich lief zur Garage und stellte mich vor dieses Auto.
Wahnsinn!
Irre! Mein Auto!
Ich konnte es
nicht fassen. Ich ging um ihn herum und betrachtete ihn. Tiefer, breiter und wieder
mit allem Schnickschnack. Wir stiegen alle drei ins Auto und ich lenkte den
MINI rüber zu Sabine und Michael, aber Michael war schon wieder nicht da. Sabine stand schon lachend vor der Haustür und
ich sagte zu ihr: „Biene, schau mal, mein MINI! Sie sagte nur: „Ich weiß!“
Plötzlich sah ich einen silbernes MINI-Cabriolet in unsere Einfahrt fahren. Am
Steuer Michael. Er stieg aus und sagte:
„Schau mal,
Kerstin, dein kleiner Schwarzer hat ein Schwesterchen bekommen!
Wir fingen
alle ganz herzlich und laut zu lachen an. Koffer auspacken und alles war im Nu
vergessen und wir kurvten den ganzen Tag mit voll aufgedrehter Musik durch die
Gegend.
Ich war
glücklich und genoss die Zeit mit meinem ganzen Stolz, meinem MINI.
Dann kam
meine Erblindung.
Nach der
Erblindung und dem Verkauf von meinem Blumenladen, stellte sich dann auch die
Frage, welches Auto wir behalten sollten, da wir ja auch noch ein Firmenwagen
hatten. Ich sagte zu Oliver: „Wir verkaufen unser Firmenauto. Bitte tue mir das
nicht an und verkauf den MINI. Gut, er ist sehr klein und etwas eng für uns
drei, aber bitte, ich möchte dieses Auto behalten!
Als
Erinnerung an mein sehendes Leben.
Und wir
behielten ihn. Wir fuhren mit ihm sogar nach Spanien in den Urlaub. Franzi,
Oliver, ich, der Hund und das ganze Gepäck, es war einfach unglaublich, was da
alles hineinging. 2009 verkaufen wir aber schweren Herzens den MINI.
Es war für
mich sehr, sehr schlimm, denn erneut war ein Teil von meinem alten Leben weg!
Im
vergangenen Frühling 2016 bekamen wir die Idee, dass wir uns ein anderes Auto
kaufen sollten. Ich fragte Oliver: „Warum sollten wir uns ein neues Auto kaufen?
Unser Golf ist doch perfekt.“ „Nein,“ sagte er, er wolle ein Cabriolet. „O. k.“,
sagte ich zu ihm und welches Cabriolet möchtest du? Er hielt die Luft an und
sagte zu mir: „Kerstin, ich
hätte gern wieder ein MINI-Cabriolet für uns.“
Oh mein Gott,
dachte ich, dass ist jetzt nicht sein ernst, aber er hatte sich bereits im Internet
verschiedene MINI-Cabriolets angesehen und ging schnurstracks zu unserem
Nachbarn, der ein Autohaus besitzt. Er regelte alles mit Fränki und gab ihm den
Auftrag, dieses Auto für uns zu besorgen und es kam der Tag, an dem das MINI-Cabriolet
vor unserer Tür stand. Oliver kam zu mir nach oben und sagte:
„Komm mit
runter Kerstin und schau ihn dir an.
Nein, sagte
ich.
Ich kann das nicht, fing an zu weinen und in mir kam alles hoch!
Wir besitzen wieder
ein wunderschönes MINI-Cabriolet und wer kann es nicht fahren?
Ich!
Weil ich
blind bin!
Schrecklich…
Beim
Abendessen erzählte mir Oliver vom MINI und seiner Ausstattung und ich muss
sagen, ich war schon begeistert, aber ich zeigte es nicht. Es dauerte zwei
Tage, bis ich bereit war für unseren neuen MINI.
Ich war ganz
alleine zu Hause und dachte mir, komm, sieht dich ja niemand wenn du jetzt anfangen
musst zu weinen.
Ich tastete
den Mini ab, soweit ich eben konnte.
Oh, nicht übel, dachte ich. Ich öffnete
die Fahrertür, setzte mich hinein und tastete den Innenraum ab. Ich fand den
Knopf vom Radio, drehte es an und stellte auf ganz ganz laut. Supersound!
Ich lege die
Hände ans Steuer und legte meinen Kopf auf die Nackenstütze.
Ich schloss
die Augen und stellte mir vor, ich würde fahren!
Über Land,
durch die Stadt, an Bäumen vorbei, würde Menschen sehen ...
Na ja, ich
muss euch sagen, es war sehr schlimm! Mittlerweile fahre ich wieder sehr gerne
mit, aber das schlimme an dem Ganzen ist, dass ich nur auf dem Beifahrersitz
sitzen darf und das Auto nicht selbst fahren kann. Auch wenn ich in Begleitung
mit Franzi unterwegs bin, ist es immer noch schlimm. Sie fährt das Auto und ich
sitze nur nebendran.
Ich muss aber
gestehen, dass ich das Cabriolet auch schon mal gefahren habe, heimlich
versteht sich, auf einem sehr großen Parkplatz eines Firmengeländes.
Oliver hatte
seine Hand mit am Lenkrad gehalten und ich durfte Gas geben, kuppeln und
schalten.
Es war echt
total schön.
Also ihr
seht, es geht irgendwie immer weiter.
Anmerkung:
Dieser Beitrag enthält drei Bilder. Das erst Bild zeigt ein Blumenbouquet in Herzform, aus vielen roten Rosen und weißem Schleierkraut. Das zweite Bild zeigt Kerstins schwarzen MINI und das letzte Bild zeigt das neue MINI-Cabriolet. den
Ein berührender Beitrag liebe Kerstin.
AntwortenLöschenDa ich mich mit diesem Problem des erblinden ein wenig auskenne, kann ich nachfühlen, wie es ist.
Ich selbst bin Hör- und Sehrbehindert und ging in den 1980er Jahren auf die Blinden- und Sehbehindertenschule Lebach/Saar.
Mein Mann war RPler, wenn dir das was sagt. Mit den Jahren wäre er auch erblindet, aber der Krebs löschte ihm davor das Licht dieser Welt.
Dein Text ist gefühlvoll geschrieben und es ist großartig, dass du uns Leserinnen und Leser an deinem Leben teilhaben lässt. Vielen Dank dafür!
Sorry, dass ich dich einfach so "duze", hoffe, es ist für dich in Ordnung.
Aus der Pfalz einen herzlich lieben Gruß
Jutta
Hallo Jutta. Oh-eine Pfälzerin... dein Schicksal tut mir unendlich leid-auch das mit deinem Mann ist furchtbar schrecklich. Ich denke mir, Probleme mit dem Gehör und dazu noch Probleme mit den sehen zu haben ist auch nicht einfach. Und dass du mich geduzt hast ist auch kein Problem, Jutta. Ich würde dir vorschlagen, aber nur wenn du möchtest-können wir ja gerne mal in Kontakt treten. Vielleicht können wir uns an schwierigen Tagen ja gemeinsam Mut und Kraft spenden. Also-ich hoffe, bis bald… Kerstin😊
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