Bittere Einsicht
Im Oktober 2005, kurz vor Aller Heiligen, fragte ich mich,
wo wir die Gestecke für die verstorbenen Familienangehörigen bestellen sollten.
Aber kurzer Hand sagte ich zu meiner Tante: „Ich werde das schaffen“, Oliver
hilft mir sicherlich dabei.
Und wir schafften es gemeinsam.
Wir hatten einen Kellerraum noch zur freien Verfügung und diesen
gestaltete Oliver mir zu einem Binder-Raum um. Wir meldeten wieder das Gewerbe
an und bestückten den Blumen-Binde-Raum so wie in meinem alten Blumenladen.
Eine Freundin von mir gestaltete Flyer und wir tauften das Nebengewerbe auf den
Namen:
„Kerstins Blumenzauber.“
2006, eine Woche vor dem ersten Advent, veranstalteten wir
unsere erste Adventsausstellung. Zusammen mit Oliver und meiner Freundin Sabine
gestalteten wir die Garage in einen wundervollen Weihnachtszauber. Wir
hatten auch Annoncen geschaltet und so wurde diese Adventsausstellung zu einem riesigen Erfolg.
hatten auch Annoncen geschaltet und so wurde diese Adventsausstellung zu einem riesigen Erfolg.
Vor unserem Haus bauten Oliver, mein Papa und mein
Schwiegervater ein Zelt auf, in dem wir sogar Kaffee und Kuchen angeboten und
der Erlös ging an den Kindergarten im Dorf. Sabine und ich hatten an beiden
Tagen alle Hände voll zu tun.
Ich war einfach nur stolz und hatte ein wenig das Gefühl,
ein normaler Mensch zu sein.
Auch ehemalige Kunden fanden den Weg zu uns in die Garage
und ich war glücklich. Ich freute mich über jeden, der zu uns kam. „Wie machst
du das, Kerstin,“ fragten sie mich natürlich und zur Antwort bekamen sie:
„Einfach mit Gefühl und Tasten!“
Für uns stand fest, dass es auch im darauffolgenden Jahr
eine Adventsausstellung in unserer Garage geben würde.
Früher hatte ich mit einem Bestatter zusammengearbeitet und
deren Tochter Madeleine hatte bei mir ein Praktikum gemacht. Sie kam immer ins
Casa del Flora helfen, wenn wir viel Arbeit hatten. Zur Adventsausstellung 2007
kam sie zusammen mit ihren Eltern bei uns vorbei. Sie erzählten mir, dass sie
in der Ausbildung zur Floristen sei, aber sie war in ihrem Ausbildungsbetrieb
nicht glücklich. Irgendwann hatten wir die Idee, dass Madeleines Vater mich bei
einem Trauerfall wieder als Floristin anbieten würde. Die Leute aus dem Dorf Thalexweiler
kannten mich ja noch vom Casa del Flora her. Wenn er mir dann den Trauerschmuck
in Auftrag gab, durfte Madeleine mir helfen. So hatte ich Unterstützung und ich
half ihr bei ihrer Ausbildung. Sie lernte schnell und wir hatten viel Spaß. Sie
war sehr dankbar, denn diese Tätigkeit wurde ihr in ihrem Ausbildungsbetrieb
nicht erlaubt. Dies gehört aber zu einer Ausbildung dazu. Komischer
Ausbildungsbetrieb, dachte ich mir nur.
Meine ehemalige Angestellte Petra, die meinen Blumenladen
Casa del Flora gekauft hatte, zog aus den ehemaligen Geschäftsräumen aus, in
einen kleineren Laden. So standen meine alten Geschäftsräume leer und mein
ehemaliger Vermieter fragte mich, ob ich niemanden wüsste der Interesse daran
hätte, die Geschäftsräume zu mieten. Oliver und ich erzählten dies den Eltern
von Madeleine und schnell stand fest, dass sie diese Geschäftsräume mieten
würde und ihren eigenen Blumenladen eröffnen sollte.
Ich übernahm als Ausbilder das dritte Lehrjahr von Madeleine.
Natürlich bin ich jeden Tag zur Arbeit in den Blumenladen, aber ich kam nicht
wirklich zurecht mit dieser Situation.
Ich stieß an meine Grenzen.
Drei Monate später fiel ich in eine schwere Depression, denn
ich musste feststellen, dass man als Blinder nicht im Beruf der Floristin
arbeiten kann.
Wieder einen Strich unter mein sehendes Leben zu ziehen,
fiel mir unendlich schwer.
Heute arbeite ich nur noch für mich, wenn es mir danach.
Eure Kerstin
Anmerkung:
Dieser Beitrag enthält Bilder. Auf dem ersten Bild liegt ein bunter Blumenstrauß mit einem weißen Band auf Treppenstufen. Das zweite und dritte Bild zeigt die Adventsausstellung 2006, während Kerstin und Sabine Gestecke zaubern.
Anmerkung:
Dieser Beitrag enthält Bilder. Auf dem ersten Bild liegt ein bunter Blumenstrauß mit einem weißen Band auf Treppenstufen. Das zweite und dritte Bild zeigt die Adventsausstellung 2006, während Kerstin und Sabine Gestecke zaubern.
Liebe Kerstin, ich graturliere dir zu deinem Mut so lange durchzuhalten. Leider kenne ich nicht jeden HIlferuf deines Körpers, die du alle übersehen hast, weil dir das Blumenhandwerk für dich so wichtig hieltst. Das kann ich so gut verstehen, Blumen sind einfach etwas Wunderbares. Kannst du nicht mit jemandem zusammen in einem kleineren Rahmen floristisch tätig werden, vielleicht fällt dir etwas ein! Ich glaube es ist eine wichtige Aufgabe für dich. Weil du jedoch so eine starke Persönlichkeit bist, kam deine Depression recht spät. Viele Menschen in der heutigen Zeit überschätzen sich total und enden in einer Depression. Aber "man und auch frau" kommt wieder auf die Füße. Lass dir von einer Therapeutin / einem Therapeuten helfen und habe erneut Mut, etwas neu zu beginnen. Nur lasse dir dafür jetzt genügend Zeit und....sei stolz auf dich, dass du diese Situation nun erkannt hast. Ich wünsche dir viel Erfolg und noch mehr Geduld mit dir selbst. Du bist wichtig, halte dir das immer vor Augen. Jemand, der weiß, aus eigener Erfahrung, wovon er spricht. Liebe Grüße
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LöschenHallo. Vielen Dank erst einmal für deine lieben Worte. Es ist auch in einem kleineren Rahmen sehr schwierig als Floristen zu arbeiten – vor allem wenn man blind ist. Auch bei einem Psychologen war ich schon und es hat mir nichts gebracht. ich finde es sehr schade, dass ich nicht mit dir in Kontakt treten kann denn von deinen Zeilen her, denke ich mir, dass auch du einige Probleme hast. Vielleicht überlegst du es dir ja noch mal. Liebe Grüße Kerstin
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