Sonntag, 16. April 2017

Alltagsmomente - Behindertenparkplatz

24 Stunden Dunkelheit für respektlose Sprüche

Es gibt Menschen, so wie mich, die in ihrer Mobilität so stark eingeschränkt sind, dass sie einen Schwerbehindertenausweis bekommen, der sie und die Begleitperson dazu berechtigt, auf einem Schwerbehindertenparkplatz zu parken. Diese Ausweise kann man nicht am Kiosk kaufen und es steckt ein langer gutachterlicher Prozess dahinter. Da ich also selbst kein Auto fahren kann und auf eine ständige Begleitung angewiesen bin, darf aber derjenige der mich fährt, mit seinem Auto auf einem dieser gesondert gekennzeichneten Parkplätze parken.

Zu so einem Behindertenparkplatz, möchte ich euch mal eine unglaubliche Geschichte erzählen.


An einem verregneten Samstag fuhren wir zu IKEA, obwohl ihr euch sicher vorstellen könnt, dass Shoppen und Einkaufen nicht mehr zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählen, seitdem ich blind bin. Aber egal, dachte ich, tue ihm den Gefallen und fahr mit. Aus den vier Wänden rauszukommen tut ja auch mal gut.

Ihr wisst ja aus eigener Erfahrung, dass bei IKEA immer sehr viel los ist und man oft nur sehr schwer einen Parkplatz findet. Wir waren natürlich froh, auf einem Behindertenparkplatz parken zu dürfen, denn schließlich war es noch ein langer Weg bis zum Eingang und außerhalb unserer vier Wände, ist es für mich in ungewohnter Umgebung nicht einfach zu Laufen.

Wir fuhren auf den Parkplatz, Oliver machte den Motor aus und wir stiegen aus. Vorher legte ich noch meinen Schwerbehindertenausweis vorschriftsmäßig auf das Armaturenbrett. Ich schloss die Beifahrertür und tastete mich am Auto entlang und wartete bis ich Oliver spürte, der mir seinen rechten Arm reichte, an dem ich am sichersten laufen kann.

Da man mir meine Blindheit allerdings nicht ansieht, kam es zu einem Vorfall, den ich nie vergessen werde!

Wir gingen gerade vom Auto weg, da rief eine Frau mit ungehaltener, wütender Stimme:

„Sie sind aber mal sehr behindert“!

Ich wusste im ersten Moment gar nicht wen sie anbrüllte, aber plötzlich begriff ich, dass sie mich damit meinte. Ich drehte mich in ihre Richtung, sah sie an und gab ihr zur Antwort, dass ich blind sei. Oliver gab mir einen Stups und bat mich, nicht weiter auf das Gezeter einzugehen. Nein, gab ich ihm zur Antwort, die spinnt doch! Ich war total aufgebracht und wütend über diese Frau. Dann rief sie in meine Richtung: Das kann ja jeder sagen! Und noch mehr Wut stieg in mir auf. Oliver gab ihr dann zur Antwort: Schauen Sie doch bitte auf das Armaturenbrett, dort liegt der Ausweis. Auch er war inzwischen sehr aufgebracht. Im Weitergehen sagte ich dann zu Oliver, dass ich schließlich nichts dafürkann, dass man mir meine Blindheit nicht ansieht.

Mein Gott, was gibt es doch für Menschen auf dieser Welt!

Ich hätte mich in meinem sehenden Leben niemals auf einen Behindertenparkplatz gestellt, aber jetzt bin ich oft darauf angewiesen.

Mittlerweile rege ich mich über so freches und respektloses Gerede nicht mehr auf, auch wenn es nach zwölf Jahren tatsächlich noch Menschen gibt, die behaupten ich würde nur so tun als sei ich blind.

Diesen Menschen wünsche ich 24 Stunden Dunkelheit und ich würde gerne miterleben, wie sie reagieren und in Panik geraten. Vielleicht werden sie dann in Zukunft solche Behauptungen nicht mehr aufstellen.

Sowas ärgert mich total und es macht mich unglaublich wütend!

Eure Kerstin

Anmerkung:

Dieser Beitrag enthält ein Bild. An einer Mauer hängst ein Schild, das auf einen Behindertenparkplatz hinweist.Das kann i

12 Kommentare:

  1. Schlimm, dass es solche Zeitgenossen gibt, die sich in dieser Weise in dein Leben einmischen. Andererseits erlebe ich immer wieder, dass Autos ankommen - nur mit Fahrer/Fahrerin besetzt. Da springt dann eine Person heraus, ein Ausweis liegt nicht im Auto. Ich habe mal bei Globus eine Reihe von ca. 20 Autos angeschaut. In zwei Autos war ein Ausweis. Der Missbrauch erscheint mir recht hoch. Vielleicht wollte die Frau nur Gutes bewirken und auf vermeintlich unrechtmäßiges Parken hinweisen. Aber das gibt ihr nicht das Recht, auf derartig beleidigende Weise zu reden. Und der andere Punkt, Leute, die dich für eine Simulantin halten, werden nicht aussterben. Leider. Sie sollten aber vor ihrer Tür kehren.

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    1. Lieber Philipp. Du sprichst mir aus der Seele! Es gibt viele Menschen, die sich auf einen B-Parkplatz stellen. Obwohl sie dieses Recht nicht besitzen. vielleicht aus Bequemlichkeit-da sie nicht so weit zu laufen brauchen. Zu der Anschuldigung, ich würde nur so tun als sei ich blind – sage ich einfach nichts mehr! Dies regt mich zu sehr auf. Und das, was ich mir für diese Menschen ausgedacht habe, würde mich wirklich sehr erfreuen! Nur 24 Stunden völlige Dunkelheit! Liebe Grüße Kerstin

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  2. Alfred M. BachApril 17, 2017

    Liebe Kerstin,
    viele Menschen wissen nicht das höchste Gut das sie besitzen, nämlich ihre Gesundheit, zu schätzen. In ihrem egoistisches Verhalten sowie ihrem Konsumrausch übersehen sie das Leiden und die Behinderung ihrer Mitmenschen, was natürlich sehr schade ist. Scheinbar ist der Mensch so auf sich fixiert, dass ihm die Mitmenschen egal sind.
    Aber wir, liebe Kerstin, geben die Hoffnung nicht auf…….irgendwann ändert sich der Mensch und ich frage mich: „Was wäre auf dieser Welt alles möglich, wenn jeder dem anderen hilft?“
    LG Alfred

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    1. Lieber Alfred. Danke-für deine lieben Worte und für dein Kommentar. Wir beide stellen uns die gleiche Frage! Wenn jeder ein wenig Rücksicht nehmen würde und dem anderen helfen würde, gäbe es dieses nicht! Trotzdem geben wir die Hoffnung nicht auf, dass es sich vielleicht irgendwann mal ändert. Liebe Grüße und Knuddler Kerstin

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  3. Liebe Kerstin,

    mir fällt hier gerade die Kinnlade runter. Es gibt Leute, die sagen, Du simulierst? Was für eine bodenlose Frechheit! Wie dreist ist das denn, bitteschön?! Also da könnt ich mich ja echt aufregen.
    Und mag sein, die Frau hat es gut gemeint, wie oben in den Kommentaren geschrieben. Aber so redet man doch nicht mit Leuten. Da fragt man doch erstmal nach! Ich wäre an deren Stelle vor Scham im Erdboden versunken.

    Es überrascht mich jedes mal neu, dass es immer wieder Dreistigkeiten gibt, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Ich denke immer: Ok, wunder dich einfach nicht mehr.
    Aber dann erfahr ich doch wieder was über unsere lieben Mitmenschen, dass ich nicht anders kann, als mich wundern. Ich hoffe ja, dass es am Ende so was wie Gerechtigkeit gibt.
    Sei lieb gegrüßt
    Lilly

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    1. Liebe Lilli. Tja- es gibt viele Menschen, die nicht überlegen bevor sie etwas sagen. Ich wundere mich über nichts mehr! Aber ich bin so wie du – und wundere mich irgendwann doch über meine mit Menschen! Eine Behinderung vor zu täuschen macht niemand! Es ist schon schlimm genug wenn man eine Behinderung hat. Aber wie schon geschrieben-diesen Menschen wünsche ich morgens im Dunkeln wach zu werden und diesen Zustand 24 Stunden zu erleben. Vielleicht würden Sie mir dann dies nicht mehr unterstellen. Liebe Grüße… Kerstin

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  4. Liebe Kerstin, diese Dinge habe ich alles auch schon erlebt. Ich bin seit 25 Jahren an rheumatoider Arthritis erkrankt und habe seit ca. 14 Jahren nun meinen Parkplatzausweis. Seit fast 8 Jahren bin ich richtig froh das ich ihn habe, den da musst mein li. Bein entfernt werden. Aber selbst wenn man diesen Ausweis hat, erlebt man viel zu oft das auf diesen Parkplätzen Menschen parken die sehr gut ein paar Schritte mehr gehen könnten. Ich bin mittlerweile auch so eingestellt das ich meist was dazu sage. Aber da muss man bei manchen sehr vorsichtig sein, einmal hatte ich sogar Angst das er noch handgreiflich wird. Das muss man sich mal vorstellen ein Mann von einem Baum und stellt sich auf diesen Behindertenparkplatz und behauptet dreist es wäre gar keiner. Ja genau so ist es mir auf einer Raststätte passiert. Naja ins Fitnessstudio gehen ist ja das eine, aber bloß keinen Schritt zu viel machen an der Raststätte das andere. Auch das ich schon angesprochen wurde von Leute die selbst auf so eine Parkplatz stehen und nicht dann belehren wollen warum ich da stehe. Aber dann nachher davon laufen 10 mal besser als ich. Ja so sind die Menschen heute einer egoistischer wie der andere, zum Glück gibt es ab und zu auch noch andere, aber viel zu selten. Sie können sich in deine Situation gar nicht hineinversetzen, sonst würden sie nicht so reagieren. Sollen sie doch dankbarer sein das sie sehend durchs Leben gehen dürfen und dir deinen Parkplatz gönnen. Kopf hoch und weiter kämpfen, das muss unsere Devise bleiben. LG Claudia

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    1. Hallo Claudia. ich freue mich sehr über deinen Kommentar. Aber mit deinem linken Bein-das tut mir sehr, sehr leid. Gerade in deinem Fall ist es doch dann offensichtlich, dass dir ein B-Parkplatz zusteht. Und dann muss man sich noch vor solchen Menschen rechtfertigen – unglaublich! Weißt du Claudia, bei manchen Menschen denke ich mir nur noch meinen Teil! Sie sollen froh sein, dass sie gesund sind und keine leiden haben. Aber Egoismus und nicht Rücksicht Name steht heute an der Tagesordnung. Auch ich wünsche dir alles Gute und mach weiter so. Vor allem lass dich nicht unterkriegen – egal von wem! Liebe Grüße Kerstin

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    2. Danke für deine liebe Antwort, ja weißt du das Problem ist ja das man einigen das gar nicht ansieht das sie so einen Parkplatz brauchen. Bei mir wenn ich die Prothese anhabe sieht man es auch erst wenn ich laufe.
      Ja ich denke das gehört einfach dazu, zu uns Kranken das wir kämpfen und uns rechtfertigen müssen. Aber das macht nichts, ich bin das nach inzwischen 25 Jahren gewohnt. Da gibt es eine nettes Sprichwort: Es ist besser, zu kämpfen und zu leiden,als alles zu haben und sich zu langweilen. (Janusz Korczak)

      Leider ist der Egoismus sehr verbreitet, auch wenn es wie gesagt noch ab und zu Ausnahmen gibt. Ich wünsche dir für deinen Kampf auch das allerbeste und ich schaue hier bei dir bestimmt immer wieder vorbei um zu sehen was du neues postest. LG Claudia

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    3. Hallo Claudia 😊 Freue mich sehr über deine Antwort. Und dein Sprichwort gefällt mir auch gut. Da ist schon was wahres dran wenn man es sich einmal richtig durch den Kopf gehen lässt. Würde mich sehr freuen wenn du weiterhin ab und an mal meinen Blog besuchst. Lass dich nicht unterkriegen und mach weiter so. Liebe Grüße aus dem Saarland und ein schönes Wochenende wünsche ich dir

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  5. Hallo Kerstin,
    das finde ich ungeheuerlich... und irgendwie typisch deutsch; das ist so der Typus "Blockwart", der aufpaßt, dass mit dem Behindertenparkplatz kein Schabernack getrieben wird ABER dabei weit übers Ziel hinausschießt.
    Ich stelle es mir sehr schwierig vor, wenn jemand zu mir sagen würde, ich würde ja nur simulieren. Es ist nicht deine Aufgabe, jemand anders von deiner Blindheit zu "überzeugen".
    Mir fehlen echt ein bisschen die Worte vor soviel Dreistigkeit.
    Ich weiß um die Wichtigkeit eines B-Parkplatzes, da ich leider eine Schwerbehinderte mit B im Ausweis in der Familie habe. Auch Personen, denen man auf den ersten Blick die Behinderung nicht ansieht. Ich stell mir vor, da würde so ein Spruch fallen. Entsetzlich.
    Lass den Kopf nicht hängen
    Gruß, Daniela

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    1. Hallo Daniela. Mittlerweile erhalten wir in solchen Momenten ganz einfach die Luftan! Wir sagen nichts und denken uns das passende! Es gibt nun mal Menschen, die nicht vorher überlegen bevor sie etwas sagen. Und wie gesagt – Menschen, die behaupten ich würde nur so tun als wäre ich blind… Na ja! Liebe Grüße

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