Montag, 24. April 2017

Glücksmomente - Gartenarbeit die glücklich macht

Blinde Maulwurfeline buddelt im Garten

Ihr fragt euch sicher, was kann schon ein blinder Mensch im Garten arbeiten? Aber ich sage euch, auch das funktioniert.

Mit meinem lieben Mann Oliver, habe ich unseren Garten gestaltet. Ganz nach meinen Vorstellungen haben wir ihn angelegt, sodass ich genau weiß, wo was eingepflanzt ist, wo welche Blümchen wachsen und ich kann all diese Pflänzchen erfühlen.

Daher fällt es mir tatsächlich leicht, nach Lust und Laune in unserem Garten zu buddeln.

Unkraut zupfen, Unkraut zwischen den Verbundsteinen entfernen, Bäume schneiden, alles kein Problem für mich und es macht mir unglaublich viel Spaß im Garten zu arbeiten. Ich komme so auf andere Gedanken und der Tag allein zuhause ist nicht so furchtbar lang.

Ich glaube es war im Herbst 2006, als wir die Bäume und Pflanzen zurückschneiden mussten. Oliver verausgabte sich bereits an unserer riesigen Thuja Hecke und ich fing an, vor dem  Haus einen Strauch zu schneiden. Ich dachte mir noch, wenn dich jetzt hier ein Nachbar sieht, der fängt bestimmt an zu zweifeln, ob ich wirklich blind bin und ich spürte schon im Geiste die Blicke der Nachbarn hinter den Fensterscheiben und musste herzlichst grinsen.

Mit der Baumschere in der Hand krabbelte ich durch den Garten und fing an, meinen liebsten Baum zu beschneiden.

Die Äste vielen und ich hatte ganz viel Spaß, sang ein Lied und es ging mir gut.

„Mein Gott, Kerstin, du bist ja voll in deinem Element“, sagte Oliver und ich fühlte mich wie ein sehender Mensch und auch wieder wie eine Floristin, die sehr viel Freude mit ihrer Arbeit hat. Oliver schaute immer wieder nach dem Rechten und auch er lachte und war glücklich. Aber Oliver sagte auch, dass er das Gefühl habe, beobachtet zu werden. Und genau so war es auch.

Während ich noch voll in meinem Element war, sagte plötzlich eine dunkle Männerstimme zu mir: „Guten Morgen, Kerstin.“ Ich erschrak natürlich, denn ich hatte nicht mit einer fremden Stimme gerechnet. Mit dem Rücken zu dem Mann, drehte ich mich um und sah in seine Richtung. „Guten Morgen“, sagte ich. „Wer sind Sie?“ „Ich bin's“, sagte er, „dein Nachbar von gegenüber.“ „Ach hallo, Bernd, na, wie geht es dir?“ „Gut“ gab er mir zur Antwort „und dir?“ „Ja“, sagte ich „mir geht es hervorragend.“

Wir plauderten noch eine Weile, bis er mich allen Ernstes etwas fragte, was mich total schockierte:

„Kerstin, kannst du wieder sehen?“

Verdutzt sah ich ihn an und fragte: „Wieso?“ „Naja“, sagte er zu mir, „Du beschneidest ja deinen Baum“. Ich musste lachen und sagte:

„Nein, ich kann nicht sehen! 
Ich bin immer noch blind und werde es auch immer bleiben!“

Ich erläuterte ihm mein Vorgehen gern. „Man fängt an einem Ast an zu schneiden, nimmt dann den nächsten Ast, hält den gekürzten Ast an den langen Ast und schneidet genau dort ab, wo der kurze Ast aufhört. So bekommt man den Baum wieder in Form.“ Ich denke mal, er war sehr gespannt und neugierig mir dabei zuzusehen.

Irgendwann ging er dann wieder und Oliver kam. Ich erzählte Oliver von der Frage und er gab mir zur Antwort: „Ich kann es verstehen. Ich hätte dich das auch gefragt, wenn ich als Außenstehender gesehen hätte, wie du im Garten stehst und die Bäume kürzt.“ Gut, ich muss zugeben, ich wäre wahrscheinlich auch ins Grübeln geraten, wenn ich einen blinden Menschen bei dieser Tätigkeit im Garten beobachtet hätte.

Meine Buddelei im Garten ist also wieder einmal eine Bestätigung dafür, dass auch blinde Menschen im Garten arbeiten können, wenn sie nur wollen.


Wir sind zwar blind, aber sicher nicht dumm!


Eure Kerstin

Anmerkung:

Dieser Beitrag enthält ein Bild. Es zeigt einen Teil unseres Gartens mit seinen Beeten und Pflanzen.

2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Kerstin, Deinen Blog habe ich durch die herzliche Nisnis entdeckt. Beim Stöbern bin ich an diesem Beitrag hängen geblieben da auch ich die Gartenarbeiten liebe. Da dürfen die Finger gerne schmutzig werden. Das Du Dich dabei wohl fühlst kommt hier sehr gut rüber. Mir wäre es aber mit Sicherheit wie Deinem Nachbarn gegangen. Jetzt im Nachhinein sage ich mir aber warum nicht? Warum soll ein blinder Mensch das denn nicht können? Gerade bei Pflanzen ist es doch das Fühlen und Riechen was so intensive Momente beschert. Es erfüllt mich mit Freude das Du Freude dabei empfindest und Du Dich nicht 'geschlagen' gibst, sondern Deinen Weg machst auch wenn es bestimmt nicht immer leicht ist. Es ist so toll das Deine Lieben Dich unterstützen. Fast noch wichtiger finde ich das sie dich nicht in Watte packen. Wie Du selbst sagst, blind zu sein bedeutet nicht das man dumm ist. Ganz im Gegenteil sogar, ich glaube das Du vielen voraus bist.
    Ich werde öfters vorbeikommen, da bin ich mir ganz sicher.
    Liebe Grüße, bis dann mal,
    ach ja, ich heiße auch Kerstin :-)

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    1. Huhu Kerstin😉 Siehst du mal wir haben nicht nur den gleichen Namen-sondern wir lieben auch die Gartenarbeit. Es ist schon schön sich im Garten aus zu toben. Natürlich habe ich meinem Nachbarn es nicht für übel tut, dass er mir diese Frage gestellt hat. War auch nicht schlimm! Ich danke dir für deine lieben Worte… liebe Grüße und bis bald 😘

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